...und zwar so sehr, dass sie im Alter von ihnen umgeben war wie in einer lauschigen Kaffeerunde, und kein einziger Teddybär war dabei, aber alles der Reihe nach, wie in einem Märchen.
Die kleine Lili war ein verzogenes Gör, das den Vormittag am liebsten im Bett des hochherrschaftlichen Anwesens verbrachte. Als Dienstmädchen fungierte ihre Cousine, das man aus dem fernen Böhmerland auf den Dachboden einquartiert hatte und das für die feine Kaufmannsfamilie den Boden schrubben und frühmorgens im Laden helfen musste.
Als Dank waren ihr Speis und Trank gewiss, aber keinerlei Liebesbeweise von Seiten ihrer Verwandten. (Mutter- und vaterlos war sie in die große Stadt gekommen, der Vater gefallen im Krieg, die Mutter verschollen irgendwo im Norden).
Die kleine Lili spielte am liebsten mit ihren Puppen, die sie im Bett um sich drapierte und ihnen Tee aus kleinen Tassen anbot, den ihre Cousine servieren musste. Die Zeit verging schnell, die Cousine verschaute sich in einen amerikanischen Leutnant, und aus der kleinen Lili wurde eine verzogene junge Dame, die sich nur mit Herren der gehobenen Klasse einließ und schließlich einen Puppenhersteller heiratete. Da dieser vorzeitig bankrott ging und sich darob am Dachboden erhängte und keiner die hochnäsige Lili mehr heiraten wollten, umgab sich diese vermehrt mit dem Nachlass ihres verstorbenen Ehemanns. Bald zierten große und kleine, hübsch gekleidete Hohlköpfe ihre nobel ausgestattete Bleibe, einige standen neben ihrem Bett und starrten glasäugig ins Leere, dann waren da noch kleinere Jungs, mit Latzhosen und Kappe bekleidet oder solche mit Körbchen ausgestattet, als gingen sie sogleich in den Wald Beeren sammeln.
Mit der Zeit wurden es immer mehr, denn Lili wurde immer einsamer, obwohl sie sich die Nächte in Varieté und Bars um die Ohren schlug, aber wenn sie mittags erwachte, fühlte sie eine große Leere in sich. Und wiederum vergingen die Jahre, und die einst so kesse Lili wurde runzlig und weißhaarig, sodass sich keiner mehr nach ihr umdrehte.
Den Tee nahm sie inzwischen in ihrer gruseligen Runde ein, und ihre zittrige Hand verdarb so manch hübsches, einst von ihrer Cousine genähtes Puppengewand. Aber das sah sie mit ihren kurzsichtigen Augen nicht, und um eine Brille zu tragen, war sie sich zu vornehm. Sie verschanzte sich hinter einer dicken Sicherheitstür, weil sie Angst vor Puppenräubern hatte, grüßte jedes Mal freudig, wenn sie am Esstisch vorbeiging, als sähe sie die dort anwesende Puppenschar zum ersten Mal, sie wurde von Jahr zu Jahr sonderlicher, vergaß zu essen und öffnete die Tür nicht, wenn jemand nach ihr fragen wollte. Allmählich ging ihr auch der Kaffee aus, und ohne Kaffeerunde bekam sie ganz trübe und traurige Augen.
Bald schrumpften auch ihre Beine und Arme auf Puppengröße, und weil sie von Haus aus eher kleiner Natur gewesen war, ging dies ziemlich schnell vonstatten, sodass sie sich bald im Puppenwagen zur Ruhe legte oder in der kleinen Wiege schaukelte. Niemand läutete mehr an ihrer Tür, und so wurde aus der schönen Loli eine kleine Puppenmumie, ihre Cousine erfreute sich aber an einer großen und fröhlichen Kinderschar mit dunklen Haaren und schokoladefarbener Haut, die gerne mit Teddies spielten, drüben, im fernen Amerika…