Versuch einer Therapiestunde
- Lady Aislinn
- 17. Juni 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. März
beim Psychoanalytiker.

Ein ziemlicher Reinfall... oder zwei...
Man sitzt sich gegenüber oder liegt im besten Fall, damit man sich nicht in die Augen sehen muss, denn langes Anstarren gilt als unhöflich. Dieses dauernde Hin- und wieder Wegsehen allein macht schon nervös, und zwischendurch immer wieder einen heimlichen Blick auf den Riesenwecker gegenüber, wann die 50 Minuten endlich vorüber sind.
Dann begibt man sich auf den Fußboden und offenbart mit allerlei Kinderspielzeug (Gummitieren, Papier und Stift und Klötzchen) seinen akuten psychischen Zustand.
Gut, das ist der Extremfall für die Geriatrie, aber nicht erfunden. Am Boden sitzend muss man sich wenigstens nicht anstarren.
Man erzählt, was man zu Hause auch erzählen würde und wird aufgefordert, sein Heim zwecks Kaffeehaus-Besuchs zu verlassen und “unter Leute zu gehen”. (Oder auch sich vor den Spiegel zu stellen, um zu eruieren, was man an sich nicht mag).
Herrlich! Ich habe daheim alles, was ich brauche: mein Essen, mein Bett, meinen Computer, meinen Garten, meinen eigenen Kaffee (gratis), also warum soll ich mich in ein Lokal setzen und anderen Leuten beim Kuchen Essen zusehen? Wer sich mit mir verabredet, muss sich darauf gefasst machen, spazieren zu gehen und dann einen Tee serviert zu bekommen (auch gratis). Um Missverständnissen vorzubeugen: ich bin kein Soziopath, aber was ich früher freiwillig tat (bummeln in Einkaufszentren), verursacht mir nun ein eher ungutes Gefühl, und das besonders seit Corona. Dieses Kaffee-Trinken-Gehen ...
... scheint mir mehr ein Fall für Extravertierte zu sein (weil man sich dort eher lautstark unterhält) , aber vielleicht ist das so Sitte bei den Psychologen, einen Einheitsbrei aus Lebenslustigen zu schaffen.
Wer aus der Reihe tanzt, siehe Exzentriker, wird im besten Fall lächelnd beäugt, im schlimmsten Fall stationär aufgenommen. Dort plagt man sich mit anderen seelisch Gestörten (?) und mittels Gruppentherapie, das gleiche Ziel zu erreichen. Gemeinsames Malen, Basteln oder Musizieren/Singen miteingeschlossen. (Nicht erfunden).
Jeden Tag um die gleiche Zeit, ob es stürmt oder schneit oder brütend heiße Sonne niederbrennt, steht ein lustiger Ausflug ins Grüne auf dem Programm, ob sportlich veranlagt oder nicht. Die Sportlichen eilen voraus, die anderen hecheln hinterher. (Ist wahr.)
Wieso ich das weiß? Ich habe es ausprobiert, wirklich versucht. Vor fremden Personen das Innere nach außen gekehrt. Ins Kaffeehaus gegangen und danach halb taub wieder raus. Versucht, Konversation zu betreiben, mich zurecht zu biegen.
Hat nichts gebracht. Hat mich höchstens davon abgehalten, meinen Lebenszweck zu erfüllen. Wenn sie tuscheln, mir egal. Ich habe mir viel Geld erspart.