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AutorenbildLady Aislinn

Opa und der Gemüsehut



Tagebucheintrag des Raben-Knaben


Meinen Großvater väterlicherseits kenne ich nur vom Hörensagen und von alten Bildern, man sagt, er sei ein sehr vornehmer Mann gewesen, stets eine Zigarette lässig in seiner Linken, vor der Kamera souverän und korrekt, aber von furchtbarer Angst besessen, er und seine Familie könnten verhungern.

Da er in den Nachkriegsjahren aufgewachsen war, ist dies verständlich, wie er aber seine Furcht in den Griff zu bekommen versuchte, äußerst grotesk.

In Ermangelung eines eigenen Gartens, wo andere Familien Kartoffel und Grünzeug pflanzten, und aus Rücksichtnahme auf sein kostbares Mobiliar, (Gott weiß, wo er dieses immer auftrieb, anstatt Karotten und Kohl, Mehl oder Brot), verlegte er eine Spargelzucht auf sein Haupt, besser gesagt auf einen Spezialhut, und seine Ernte fiel dermaßen gut aus, dass wir alle schließlich vom Erlös recht sorgenfrei leben konnten (wer baut schließlich Spargel an..).

Die reichen Leute gaben sich die Klinke in die Hand, wenn Erntezeit war, und die war zu aller Verwunderung mehr als einmal im Jahr, sei es durch die gleichmäßige Erwärmung oder durch seine Spezialdüngung, dessen Zusammensetzung er wie ein Geheimnis hütete, ich vermute aber, sie hing damit zusammen, dass er mit seinem Hut immer den Abort aufsuchte. (Zu meiner Verteidigung muss ich hinzufügen, dass er der Vater meines Vaters war und nicht der meiner Mutter).

Nun, wenigstens weiß ich jetzt, woher das seltsame Geschenk zu meinem ersten Geburtstag stammt, ein Präsent, das seit Jahren unbeachtet am Dachboden vor sich modert: vielleicht wollte mein Großvater, dass ich seine Tradition fortsetze und sogar darüber hinaus die Erträge steigere, denn der Hut hat beträchtliche Ausmaße, wenn man bedenkt, dass ich erst ein Kind war, das Laufen lernte;

ich verstehe auch, warum meine Mutter das Geschenk verschämt versteckte und es bis heute tut, außerdem hat sie Spargel nie gemocht, schon gar nicht mit Bärlauch, den mein Großvater als nützliches Beiwerk trug.

Woher ich das alles weiß? Nun, meine Großmutter väterlicherseits, Gott hab sie selig, hat es mir einst erzählt, als Gutenachtgeschichte, aber ich war mir damals schon sicher, dass es kein Märchen war (siehe Beweisfoto!)


gezeichnet.. der Rabenjunge

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