Jede Familie in einem alten schrägen Haus braucht auch einen besonders schrägen Hausgenossen.
Bei den Ambrosianern (= Familie von Poet Ambrose) war dies ein australischer, putziger Korallenfinger-Laubfrosch namens Yokozuna.
Er möchte gerne selbst erzählen, wie es ihm dort ergangen ist:
"Hallo! Ich gehörte einem Bruder von Ambrose, der sehr für Japan, seine Sitten und Einwohner schwärmt (der Bruder namens M.) und erhielt deshalb diesen etwas ungewöhnlichen Namen, der einem Champion im Sumoringen nachempfunden war.
(Anm: Rodney Agatupu Anoaʻi war ein amerikanischer Wrestler samoanischer Abstammung. Er war hauptsächlich für seine Auftritte in der World Wrestling Federation unter dem Ringnamen Yokozuna bekannt, was in Japan den höchsten Rang im Sumō bezeichnet. ...Wussten meine Menschen damals schon, dass ich mich in Richtung Fettwanst entwickelte?)
Dies nur zur Ergänzung, weil: In der Tat wurde ich schnell dick und groß und legte gehörig an Umfang zu. Als ich zu den Ambrosianern stieß, passte ich gerade mal in einen Teelöffel, was sich aber wie gesagt, schnell änderte. Ich hatte als Exemplar meiner Gattung ein ständiges Grinsen im Gesicht, wie man mir versicherte (dank meines großen Froschmauls nehme ich an), und konnte auch zur allgemeinen Erheiterung und zum Erstaunen meiner Mitbewohner die Farbe wie ein Chamäleon ändern: hielt ich mich im Unterholz meines komfortabel ausgestatteten Terrariums auf, war ich braun wie dieses (Holz), auf den Ästen mit Blättern sitzend wechselte ich zu einem wundervollen Grün.
Mein kleines Reich war mit einem Teich ausgestattet (meine Menschen waren so aufmerksam!), mit einer zierlichen Pagode davor und gut beheizt, denn ich hatte es gern tropisch warm wie dort, wo ich herkam. Ich wurde bestens versorgt mit Mehlwürmern und Heimchen, wobei ich erstere rasch erwischte, bevor sie sich im Sand eingraben konnten, um letztere musste ich mich wohl oder übel selbst ein wenig bemühen, um sie zu fangen.
Ganz entzückend fanden meine Menschen, wenn ich mit verschränkten Vorderbeinen verweilte, sodass es aussah, als würde ich beten. Die Menschen wussten ja nicht, dass ich es wirklich tat... ich bat um Ruhe, Harmonie und Frieden.
Im Sommer durfte ich in einem Zimmerbrunnen baden gehen und unter dem kleinen, nicht allzu kalten Wasserfall meditieren wie ein kleiner Mönch. Dort blieb ich sitzen und betete wieder... um ein langes Leben. Ich war ein bisschen faul im Sprinten, denn saß ich mal im Brunnen, in einem Blumentopf oder in einer Menschenhand (ein eigenes Kapitel), bewegte ich mich keinen Zentimeter vor oder zurück.
Denn hielt mich Bruder M. auf seiner Handfläche, pinkelte ich ihm in ebendie als Zeichen meiner Zuneigung, als Liebesbeweis oder Abneigung, das konnten meine Menschen nicht unterscheiden (zum Glück). Denn ich grinste ja andauernd. Vielleicht hatte ich auch nur Höhenangst. Diese in ihren Augen "Unart" genannte Angewohnheit rettete mir aber auch eines Tages das Leben: ich entkam mit knapper Not dem ausgebüchsten Frettchen, denn ich sandte einen gewaltigen Urinstrahl in hohem Bogen Richtung Verfolger, worauf Bobby die Flucht ergriff, und da nenne mich noch mal jemand einen Feigling!
Ein andermal lockte mich die Freiheit im Winter so sehr, dass ich beinahe erfror. Die Besorgnis der Brüder war groß, als ich gefunden wurde, denn ich war steif und kalt und schon bereit, abzutreten. Sie holten mich aber wieder ins Leben zurück, indem sie mich sorgfältig in lauwarmem Wasser und in einer Porzellanschüssel badeten. Ich hüpfte danach nie wieder in den Schnee, auch wenn er so schön fluffig aussah.
Gerne saß ich bei Ambrose am Schreibtisch, hinderte ihn am Dichten, kletterte mit Vorliebe auf seinen Fingern herum und erklomm seinen Füllhalter, während meine Unterkunft gesäubert wurde. Was für interessante Ausflüge! Und stets mit Pipi begleitet. Erbsenblase?
Eines Tages, und inzwischen sehr gewichtig, blieb ich im Unterholz meiner Unterkunft stecken, quakte in meiner Not verzweifelt um Hilfe und wurde von Ambroses Bruder aus meiner misslichen Lage errettet.
(Nun, ich passte inzwischen in eine Suppenkelle oder darüber hinaus, dem Teelöffel war ich schon lange entwachsen).
Ich verblich mit elf Jahren selig an Altersschwäche und wurde in einer sehr, sehr großen Zündholzschachtel im Rosenbett begraben. Von hier heroben, dem Froschhimmel sehe ich nun vergnügt dem Treiben meiner Menschen zu und bete um ihr langes und friedliches Leben. (Und die Himmelswolken sind wie Schnee, nur nicht so kalt..)