top of page
AutorenbildLady Aislinn

Felix und Mütze


wenn du 13 Jahre lang einen Kater hast, kannst du was erzählen .) 


Angefangen hat es damit, dass ein kleines zitterndes Häufchen Elend zu meiner Oma auf den aufgelassenen Bauernhof wackelte. Entweder war seine Mutter verschollen, gar verstorben?

Wo waren die restlichen Geschwisterchen? Natürlich fungierten wir alle als Pflegeeltern, wobei der kleine Felix mit Vorliebe am Schoß des betagten Zimmernachbarn Platz nahm, zusammengerollt auf dem greisen Mann, das war so rührend, dass ich heute noch feuchte Augen bekomme.


Unter Tags schlief der Kleine meist bei meiner Oma auf der Eckbank, und ihn störte das Gedöns des auf voller Lautstärke eingestellten Fernsehapparates (weil die betagten Bewohner allesamt schwerhörig waren) anscheinend nicht, denn er ging nur selten und widerwillig abends hinaus auf den Heuboden, weil meine Oma keine Katzen des Nachts im Zimmer haben wollte.


Rasch freundete sich der kleine Kater mit einem anderen, schönen, großen, schwarz-weiß gezeichneten Kater und einer grauweißen Kätzin an, die zu dritt meine Oma belagerten. Felix war und blieb stets ein wenig schüchtern, als hätte der große Kater, der aussah wie Batman und darauf den Namen Mütze erhielt (auch er zugelaufen), seine Erziehung und Vormundschaft übernommen. Groß war der Hunger der Katzenschar, und so vertilgten sie auch das Reisfleisch, das mein Vater aus seiner Werksküche mitgehen ließ. Später verschwand Mütze von einem Tag auf den anderen auf unerklärliche Weise, was uns sehr betrübte, denn er war stets ein vornehmer Sir gewesen, folgsam und dankbar für jede Zuwendung.


Als Oma zu uns zog, kam Felix mit. Sein Geschrei im Lieferauto bei der Übersiedlung liegt mir heute noch in den Ohren. Er mochte Autofahrten gar nicht (den gleichen Zores hatten wir später auf der Fahrt zum Tierarzt). Er lebte sich schnell in seiner neuen Heimat ein, ging abends auf die Pirsch und kam morgens in mein Bett, mit einer Ladung Sand und Schmutz im Gepäck. Auch hie und da ein Floh war dabei, aber das Halsband möchte er gar nicht, und beim Versuch, sich davon zu befreien, bleib er mit einem Bein darin stecken und humpelte eines Morgens auf drei Beinen zu unserer Tür. Leider wurde er auf einer seiner Erkundungen angeschossen, operiert und erholte sich jedoch schnell in seinem Verbandszeug, in dem er aussah wie ein Selchroller. Eigentlich war er ein schmales Kerlchen, aber durch seinen Angora-Einschlag sah sein Kopf aus wie ein Kürbis.


Felix in der Mitte, Mütze rechts

Fremden gegenüber war und blieb er stets misstrauisch, am ärgsten fürchtete er sich vor dem Kaminkehrer, wenn dieser lautstark seine Gerätschaft im Rauchfang versenkte. Danach kam gleich Silvester, an dem er sich in die hinterste Ecke der Sitzbank verzog und lautstark jammerte. Sein Lieblingsplatz im Winter war der Kachelofen, und wenn ihm jemand abends nicht gleich die Terrassentür öffnete, klopfte er schon mal lautstark am Fenster an.


Felix war im Winter kugelrund, im Sommer schmal wie eine halbe Portion. Er fraß mit Vorliebe Whiskas mit Huhn, alles andere ließ er stehen, er ließ sowieso immer einen Happen stehen, wahrscheinlich als Notration für später. Als wir ihm einmal Sheba kredenzten, fraß er sich so voll, dass er kurz danach alles wieder auskotzte. Wasser trank er bevorzugt aus dem Teich und nicht aus der Schüssel, Katzenmilch gabs damals noch keine, also tat es auch normale, sehr verdünnt, was er auch tolerierte und vertrug.


Er verliebte sich in die Katzendame aus der Nachbarschaft und trieb es mit ihr auf offener Straße, auch als unser Auto vorbeifuhr, sah er nur kurz auf und ließ sich nicht weiter stören. Wenn Oma auf der Terrasse häkelte, saß er in der Schachtel mit den Wollresten und schlief seine nächtlichen Streifzüge aus.


Im Winter saß er stundenlang vor der großen Wohnzimmer-Scheibe und sah den Vögeln im Garten zu. Er verstand sehr wohl den guten Tipp “Aber nicht Vogi fangen!” wenn er zur Tür raus wollte, denn er antwortete stets mit …Mäaehhh oder so ähnlich. Bei seiner Rückkehr nahm er am Kachelofen Platz und schlummerte, bis es hieß: schlafen gehen. Dann ergriff er entweder wieder die Flucht nach draußen oder wurde ins Vorzimmer verfrachtet, wo er nichts anstellen konnte. Außer aufs Kistchen zu gehen, Teufel noch mal, das stank bestialisch!


Ab und zu brachte er uns als Liebesbeweis eine lebende Maus ins Haus, die sich in den ersten Stock oder unter die Wohnzimmercouch flüchtete und uns Nerven und viel Zeit kostete, weil ich eine Mausefalle verweigerte und ihnen sogar Käse in ihrem Versteck kredenzte.


Er grub mit Vorliebe unseren Garten um, um sich zu erleichtern, auch bei der Nachbarin. Teufel, das stank wirklich, wenn man versehentlich darauf vergaß. Sein Lieblingsplatz aber blieb zu meinen Füßen im Bett, jeden Morgen zwängte er sich durch die angelehnte Schlafzimmertür und bahnte sich den Weg unter meine Decke. Dann hatte er oft ein zerfleddertes Ohr oder einen Hacker auf der Nase, und manchmal konnten wir in der Nacht sogar das Katzengeschrei mitverfolgen.


Felix liebte es auch, sich zu verstecken und dabei zu schweigen, etwas anzustellen, ohne besondere Reue zu zeigen. Beim ersten Mal pinkelte er auf meine Ledertasche im Kleiderkasten, ein anderes Mal auf meinen Schoß beim geselligen Abendessen, wahrscheinlich weil er zu faul war, hinauszugehen. Es wurde mir plötzlich so warm im Schoß, und da war es auch schon zu spät.

Ein Kapitel für sich war sein geplantes Verschwinden im Kachelofen durch das geöffnete Gittertürchen, woran er aber zum Glück gehindert wurde durch ein beherztes Ziehen am Schwanz durch meine Mutter, welche nur einen kurzen Moment vom Einheizen davongeeilt war. Felix kam samt einer ziemlich umfangreichen Ladung Asche als grauer Kater unfreiwillig wieder retour. Zum Glück, sonst wäre er wohl weiter im Kamin hinaufgeklettert und wir hätten die Feuerwehr rufen müssen.....


Geschenke von Felix : Mäuse: eine lebend, die sich sogleich unter das Sofa verzupfte. Eine eilte in den ersten Stock und verschwand hinter dem Kasten. Ein Stück Käse wurde über Nacht dankbar angenommen, und irgendwann kam sie dann doch wieder raus, währenddessen der gute Felix vergeblich versuchte, sich dort reinzuquetschen. Mäuse: ca. 4, tot. Vielen Dank! Meisen: tot, ca. 3-5, Grünlinge: ca. 5, eine Amsel (fast), 1 Blindschleiche, 2 Eidechsen, Käfer, Libellen, etc. herrje, und da erwartet er sich noch, dass wir uns artig bei ihm bedanken..


Leider nahm der arme Felix in seinem 13. Lebensjahr ein unrühmliches Ende.

Darüber will ich gar nicht schreiben, denn es tut noch heute weh.



Kohlezeichnungen by Lady Aislinn



bottom of page