"Profax & Seneca Nachtrag zum Schlüssel des Erfolges"
Eine Ersatzbezeichnung für Pädagogen.
Wahrscheinlich (sicherlich) gibt es unter den österreichischen Schülern etwa vier, die zu Beginn einer Unterrichtsstunde sagen: „Jetzt haben wir den Professor X.“
Die zig-tausenden anderen verwenden anstelle der Formulierung „Professor“ den Spitznamen desselben (zu meiner Zeit und in meiner Schule war das vor allem der “Gampus”).
Und die Schüler verwenden in der Regel auch nicht das neutrale, stilistisch nicht markierte Wort „Professor“, sondern alle möglichen anderen Verballhornungen der Berufsbezeichung für die Pädagogen. Zu meiner Zeit waren es eben „Profax(e)“. (Frei nach einem Artikel des Standard).
“Non vitae sed scholae discimus.”
Dieses berühmte Zitat des römischen Schriftstellers und Philosophen Seneca (4 vor Christus bis 65 nach Christus.) steht im 106. der Briefe an Lucilius über Ethik (Epistulae morales ad Lucilium) und beklagt, dass die Erziehung in der Schule kaum dazu geeignet ist, die Kinder auf das Leben vorzubereiten. Er widersprach damit der Auffassung von Aristoteles, der in seiner Politik VIII, 3, 2 für die Pädagogik gefordert hatte: „Immer nur nach dem Nützlichen zu fragen, ziemt sich gar nicht für großzügige und freie Menschen“.
Wer diesen Satz und aus welchen Gründen immer umgestellt hat, ist nicht nachweisbar, aber aus dem Briefwechsel Senecas mit Lucilius über Ethik geht hervor, dass Seneca dabei die mangelnde Lebensorientierung der Schule kritisiert hat.
Später ist in der Umkehrung „non scholae, sed vitae discimus” diese Kritik zu einem geflügelten Wort geworden, das offenbar als Orientierung für die Schule genutzt werden sollte. Senecas Brief ist eine scheinbar ernste Erörterung der Frage, ob das Gute ein Körper sei, und gipfelt in einer bitteren Kritik an der Lebensferne der Philosophenschulen seiner Zeit, denn diese seien Kinderspiele , die man da spiele. Er meint, dass sich in den Schulen an überflüssigen Problemen sich die Schärfe und Feinheit des Denkens abstumpfe und solche Erörterungen den Schülern nicht helfen, richtig zu leben, sondern allenfalls, gelehrt zu reden. „Es wäre besser, wir könnten unserer gelehrten Schulbildung einen gesunden Menschenverstand abgewinnen. Aber wir verschwenden ja, wie alle unsere übrigen Güter an überflüssigen Luxus, so unser höchstes Gut, die Philosophie, an überflüssige Fragen. Wie an der unmäßigen Sucht nach allem anderen, so leiden wir an einer unmäßigen Sucht auch nach Gelehrsamkeit: Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.“
Irgendjemand meinte eben dann wohl, die Sache vom Pessimistischen ins Programmatische wenden zu müssen, und hat das Zitat kurzerhand im Sinne der Meinung Senecas umgedreht. Allerdings wer die Satzglieder aus welchem Grund umgestellt hat, ist nicht mehr nachzuvollziehen.
Verwendete Literatur Stangl, W. (2024, 30. Mai).