Die Schreibblockade & der Höllenfürst Es war einmal ein Dichter, dem die Worte nicht so recht aus der Feder fließen wollten, und der in einem Elfenbein-Turm wohnte, wo er ergebnislos und nächtelang um seine verlorenen Verse rang. Zuerst versuchte er es mit Tabak, als dies nichts fruchtete, mit starkem schwarzen Kaffee, dann mit Tees zweifelhaften Ursprungs, und schon türmten sich die Kippen in ihrer kalten Asche zu einem riesigen stinkenden Haufen, nur vereinzelt glühten zerdrückte Stummel in schmalen, zur Decke strebenden rauchenden Fähnlein.
In höchster Verzweiflung raufte er sich die Haare, bis er aussah wie der selige König Ludwig höchstpersönlich, und wandte sein bleiches Antlitz dem Mondlicht zu, in der Hoffnung auf Erleuchtung. Die Uhr schlug längst Mitternacht, und noch immer gähnte ihn das weiße Blatt Papier an.
Als alles nichts fruchtete, griff er in letzter Not nach seinem dicken Buch mit den Zauberformeln und schlug eine abgegriffene Seite auf, nichts ahnend, dass er die falsche gewählt hatte, denn nach Lösungen für seine anhaltende Schreibblockade suchend, hatte er eigentlich dort ein großes Eselsohr gemacht, wo er jene für dichterische Probleme zu finden gedachte;
doch das Eselsohr war verschwunden, und im herrschenden Halbdunkel konnte er nur mühsam die Buchstaben entziffern. Zu spät fuhr es im heiß und kalt in die Glieder, was sein übermüdetes Gehirn ihm vorgegaukelt und seine Lippen nachgebetet hatten. Es waren die falschen Verse.
Es tat einen gewaltigen Donnerschlag, und der Gehörnte leibhaftig stand in Rauch und Schwefelgestank vor ihm, die Arme in die Hüften gestemmt und mit einem noch missmutigerem Gesicht als er es ohnehin schon hatte. Wer wage es, ihn zu stören, hallte es in der Schreibstube, aber auf den Schreiberling vor seiner Nase habe er schon lange gewartet, kam es etwas kecker hinterher, als er sah, wie der bleiche Dichter schlotternd in seinen Sessel schrumpfte. Endlich sei er zur Vernunft gekommen, und er freue sich auf dessen Angebot, fügte er mit dämonischem Grinsen hinzu. Nun, ich warte, sagte der Höllenfürst nach einer Weile und klopfte ungeduldig mit seinem Huf auf den Boden, den Dichter arglistig beobachtend. Doch dann waren sich die beiden schließlich einig, und der grausige Handel selbst ging schnell über die Bühne.
In seiner höchsten Not hatte der Dichter jedoch vergessen, den Zeitraum und das Ausmaß seiner wiedererlangten Produktivität genauer zu definieren. Und so flog die Feder des Dichters bald übers Papier, seitenweise, in meterhoch sich türmenden Stapeln, und immer weiter kritzelte er, und die schwarze Tinte wurde nicht weniger, bald blies der Nachtwind die Blätter zum Fenster hinaus, sie quollen aus allen Tür-Öffnungen und füllten den Raum bis zur Decke. Wie in Trance vergingen die Stunden, bis der Dichter im Morgengrauen in seinen eigenen Papieren erstickt war, den Federkiel, von dem pechschwarze Tinte tropfte, als letzten Gruß erhoben aus dem Meer von Skripten.