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AutorenbildLady Aislinn

Der maulende Gärtner, Teil 2


Es ist schließlich ziemlich schnell November geworden, und der lange Gerry mit seinen Utensilien ist im Anmarsch. Zuerst einmal rollt er schon mit den Augen, weil das Gras so hoch steht und ich anscheinend zu faul war, den Mäher in die Hand zu nehmen. Ausreden gab es wohl genug: einmal war es zu heiß, dann wieder zu nass, dann war es das Kreuz, das zwickte, und im Grünen sticht und kratzt es sowieso, die Angst vor Blutvergiftung schwebt im Raum (oder besser gesagt drohend über der Wildnis, die einmal ein Garten gewesen war; denn diese wilden Brombeeren wuchern gerne überall, aber Beeren produzieren sie nicht). Stechen tun auch die wilden Rosen, und vor dem allgegenwärtigen Ackerschachtelhalm habe ich längst kapituliert. Vom überwucherten Teich gar nicht zu reden (Den sollte ich mal ein wenig ausräumen, meine ich arglos, worauf der Gerry mir eins auf die Rübe gibt. Aber doch nicht jetzt! Das macht man im Frühjahr. Ich entgegne etwas enerviert: Ja, aber nur ein bisschen, und nicht du, sondern eh ICH. Der ist ja völlig verschlammt..... Trotzdem.. nicht jetzt! Na gut, mir solls recht sein....)


Schließlich geht es mit der Heckenschere weiter, damit die Nachbarin nicht auf die Idee kommt, über zu lange Triebe zu meckern. Allerdings ist sie, wenn der lange Gerry werkelt, sowieso nicht zu sehen und verschanzt sich in ihrem Hexenhäuschen. Flink ist er schon, der gute Mann, das muss man neidlos anerkennen, er erledigt die Arbeit in zwei Stunden, wofür ich bestenfalls zwei Monaten gebraucht hätte.


Jaja, das mit den Zwetschken am Boden habe er schon beim Mähen bemerkt, es sei eine Sünde (wortwörtlich!), sie nicht gepflückt zu haben, mault er schon wieder. Warum habe ich immer das Gefühl, ich müsste vor ihm in die Knie sinken und um Vergebung bitten? War er zur Stelle, als in luftiger Höhe von mindestens zehn Metern die Früchte lockten? Mit einer Leiter, ja, aber SO hoch? Noch bin ich nicht lebensmüde und werde nach zwei Sprossen von Höhenangst befallen. Aber es gäbe doch so Pflückhilfen, Stangen mit einem Säckchen dran. SO lange denn? frage ich dümmlich. Naja, man hätte ja die Zweige mit den besten Früchten abschneiden können, dann wären halt ein paar abgefallen. Ja, aber, wer bitte schön hätte das gemacht, ohne wie ein Affe hinaufzuklettern, DENKE ich mir nur. Ich will ja nicht unhöflich sein. Nein, so eine Sünde aber auch. Und wieder schüttelt er den Kopf. Und das bei einer Hauszwetschke! Die besten am Markt. Es kann aber auch sein, dass er bloß herumwitzelt und ich als halber Autist es nicht bemerke. Der Tiroler Schmäh ist aber schon manchmal sehr gewöhnungsbedürftig und etwas derb, das muss ich hinzufügen. Und das in breitem Dialekt, wie es einem halben Bergdorf geziemt.

Ja, schon klar, mit tat es auch weh, die blauen Früchtchen zu sehen und nicht zu bekommen, aber nicht einmal der garten- und baumerfahrene Nachbar wagte sich in die luftigen Höhen, und der steigt gerne mal in die Äste seiner Bäume. Er holte sich lediglich ein paar von weiter unten, so wie ich. Außerdem hatte seine Frau genug zu tun mit den Zwetschken ihres Schwagers, die Einmachgläser waren einfach gar und alle.

Ich werde dieses schändliche Vergehen bei der nächsten Beichte ansprechen und zehn Vaterunser beten.


Und ob ich mich denn nun entschieden habe, ob er einen kleinen Strauch schneiden soll oder nicht, der mir wegen seiner fehlenden Gesamtharmonie zum Schluss seiner Arbeit etwas ins Auge sticht (Achtung, Wortwitz). Im Garten soll doch nicht so eine Harmonie sein, tönt er wieder. Aber ich mach es dir, wenn du meinst. Trotzdem, er kommt doch jetzt so schön zur Geltung (Lustig, er kann es nicht lassen!). Der kleine Monk in mir protestiert. Ich weiß genau, dass mich der Strauch in Zukunft stören wird und bitte um seine Reduzierung, bevor der Gerry abzieht, obwohl er schon beim Einpacken ist; dann halte ich vorsichtshalber den Mund.


Da ich keinen Führerschein besitze, muss der Gerry unseren Wagen aus der Garage holen, und da beginnt es eigentlich schon mit der Witzelei. Ja, mach ihn doch noch, den Schein, und ich zeig dir derweil, wie man rückwärts fährt, da kann nicht viel passieren, schlimmstenfalls die Betonmauer des Nachbars in Norden. Im Ernst? frage ich, schon leicht transpirierend.

Ich bin nicht der Ernst, ich bin der Gerhard.

Tiroler Witze.

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