Der Gartenzwerg war einst ein Gelehrter der Mathematik, insbesondere der Algebra, welche bei ihm Spuren hinterlassen hatte, in dem Sinn, dass er im Alter etwas wunderlich wurde.
Trug er früher seine Schriften, Berge von Bücher und Schreibutensilien sowie Rechenschieber und Lineal zu seinen Schülern fern und nah, so waren es nun Zwerge von allerlei Gestalt und Größe, die er in sein Gärtlein schleppte.
Dann zählte er sie jeden Abend durch, ordnete sie penibel zwischen dem eigenhändig angebauten Gemüse und den hundert Blumentöpfen an, dividierte sie durch 2 (es musste immer eine gerade Anzahl von Zwergen sein), multiplizierte sie mit dem Ertrag des Gemüsebeetes und zog die Wurzeln (aus dem Boden, um ihn fruchtbar zu machen).
Er maß aufs Genaueste den Niederschlag in einem von ihm konstruierten flaschenartigen Gebilde, ging mit seiner Gießkanne durch die Zwergen-Reihen und säuberte sie von Erde und Saharastaub, wobei er sich äußerlich immer mehr den kleinen Männchen anglich.
Sein Bart wuchs auf immense Größe, dafür gingen ihm auf dem Kopf die Haare aus, weswegen er winters eine Ohrenhaube und sommers einen riesigen Strohhut oder eine Zipfelmütze trug. Von jeher aus eher von kleiner Statur, schien er sich mit der Zeit immer mehr den Zwergen anzugleichen. Mathematisch gesehen minus einen Zentimeter pro Jahr.
Oft schritt er dozierend durch seine Beete, und sein Eheweib machte sich Notizen, wo und wann er den nächsten Zwerg aufstellen wollte und wie dieser auszusehen habe. Rote Mütze, grünes Mäntelchen, mit allerlei Gartenwerkzeugen bestückt oder einfach vor sich hinträumend.
Das Nonplusultra von 1000 Zwergen schien nicht mehr weit entfernt, wenn man die weiblichen Zwergen-Frauen subtrahierte. Wurde ihm ein kleines liegendes Rehlein oder ein Frosch geschenkt, addierte er diese zu den Abtrünnigen und verbannte sie in die hinterste Ecke seines Gartens.
Laut wurde es des Nachts, als die Truppe von 955 Zwergen zu flüstern anfing, ein wenig in den Beeten herumackerte und mit dem Rechen fuhrwerkte. Dann seufzte der alte Professor in seinen grauen Bart und ordnete sie am nächsten Morgen wieder so wie sie am vorigen Tag gestanden waren, denn Ordnung musste sein.
Seine Bohnen standen stramm wie Soldaten, die Kohlköpfe in Reih und Glied, mit Zirkel und Lineal in Höhe und Abstand vermessen. Leider ging eines Tages ein fürchterliches Unwetter über dem kleinen Dörfchen nieder, in dem der Professor hauste, und faustgroße Hagelkörner zerschlugen einen großen Teil von Gemüse und Zwergen, sodass er nicht gerade bei Null, aber doch wieder fast von vorne anfangen musste, um die magische Zahl von 1000 zu erreichen.
Nicht zu reden vom Gemüse, das neu zu pflanzen war, im richtigen Arrangement mit den kleinen Männern. Und wenn sein Eheweib noch nicht fertig geworden ist mit dem Zusammensetzen der Zwergenteile, dann klebt und kletzelt sie noch heute frisch und fröhlich (?).