Eine Gutenacht-Geschichte der etwas anderen Art
Und die Rabenfrau ging weiter mit dem Jungen an ihrer Seite, und sie kamen an eine Waldlichtung,
auf der schwarz gekleidete Frauen in wallenden Gewändern und ebenso schwarzen Blumen im Haar tanzten und gar wunderliche Gesänge anstimmten.
Als die Rabenfrau näher trat, fand sie einen Steinhaufen vor, in dem ein Feuer entfacht war und auf dem ein gar scheußliches Getier vor sich hin schmorte. Es hatte unzählige behaarte Beine, einen grotesk riesigen Leib und Flügel, so groß wie Teller, die bereits in Flammen standen und ebenso scheußlichen Gestank verbreiteten wie die Gesänge der wundersamen Versammlung.
Dann kamen die seltsamen Weiber näher, und die Rabenfrau sah allerlei Knochen an Ketten von deren Hals baumeln: die am meisten behangene, mit wirrem grauen Haar einer Hexe, lud ein zum Festmahl, bei dem eine nach der anderen die Beine vom Leib des Getiers riss und laut schmatzend verzehrte. Der Junge jauchzte und rief zur Rabenfrau: “Du hast mir ein Würmchen versprochen, aber das ist viel besser, denn man kann es verspeisen, und ich kann mich seiner entledigen, wenn mir danach ist.”
Er verriet dabei jedoch nicht, ob er damit meinte: nach unten oder nach oben. Und als die Rabenfrau schließlich mit dem Jungen weiter ging, war ihr, als hätte sie ein riesengroßes Haar im Schlund stecken, das sich wand und wehrte wie das Getier auf dem Steinhaufen.