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AutorenbildLady Aislinn

Das größte Schaf

Als Einzelkind fand ich familiäre Spaziergänge immer schon eher langweilig.



Man konnte nicht so ausschreiten, wie man wollte, kannte jeden Grashalm und Baum am Wegesrand, vertrödelte Zeit und war am Schluss geschlaucht, verschwitzt oder genervt. Natürlich tat man was für die Gesundheit, obwohl das relativ “relativ” war. Die einen betrieben inbrünstig Sport, joggten an uns vorüber im Schweiße ihres Angesichts und manchmal mit einem hechelnden, verzweifelt dreinblickenden Hund. Man sah außer Wald nichts, was besonders interessant war.


Ich zog Flanieren an See-Ufern sogenannten Forstmeilen mit Turngeräten vor. Wer weiß, was sich dort so im Grase verbarg, Zecken, Stechmücken oder gar Schlangen. Wanderungen auf Almen waren noch unbeliebter bei mir (siehe Sommersport und Wandertage). Beerensammeln ging grad noch. Heidelbeeren waren mühsam zu klauben, Knie und Rücken dankten es, Himbeeren hingen meist äußerst ungünstig an unwegsamen Steilhängen und im Unterholz.


Etwas unterhaltsamer wurde es, wenn zwei Familien und mehrere Kinder beisammen waren. Dann diskutierten wir Kinder, die vorauseilten, über Schule und Lehrer, und bei den Erwachsenen hinten ging es wahrscheinlich um Beruf und Gesundheit. Irgendwann kam eine Freundin auf die Idee, vom Pfad abzuweichen in das wogende und blühende Grün, um was zu tun? Wollten wir Blumen pflücken?

Dani verkündete: jetzt spielen wir Schaf. Fabelhafte Idee. Auf allen Vieren herumrutschen und Blumen kauen und Hosen zerreißen? Ich weiß es nicht mehr, es musste im Volksschul-Alter gewesen sein, also ziemlich lange her. Jedenfalls tönte ich lautstark: “Aber ich bin das größte Schaf!”


Die Erwachsenen wieherten natürlich los, ich verstand nicht, warum. Inzwischen weiß ich es..

Ich bin das größte Schaf, wenn es um Sportgeräte geht. Bitte keine Forstmeilen mehr, keine Radtouren, keine Mofa-Ausflüge! Tückische Schotterwege bescherten mir einen Kapitalsturz mit dem Rad und blutüberströmtes Knie (die Narbe sieht man heute noch), mit dem Mofa verursachte ich beinahe einen größeren Verkehrsunfall (es wurde dann auch sogleich verscherbelt), und es gab keine Helmpflicht.

Es grenzt an ein Wunder, dass ich im Laufe meines Lebens keine größeren Schäden durch Unaufmerksamkeit erlitten habe. Denn ich bin manchmal etwas verweht.

Eine verwehte Schäfchenwolke am Träumerhimmel.

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