Das dritte Püppchen Callidora
- Lady Aislinn
- 9. Juni 2024
- 1 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Apr.

Eine Gutenacht-Geschichte der etwas anderen Art
Als die Rabenfrau und der Junge in der einbrechenden Dämmerung durch die Gassen gingen, fiel nur der rötliche Schein durch so manchen Vorhang, der verriet, welch spätes Gesindel sich dahinter verbergen mochte. Damen, die ihren Körper feilboten, sich schmückten mit buntem Gefieder und grellbuntem Mieder.
Erst als es unter den Füßen des Jungen knirschte, wagte er sich vom Anblick, von der Andeutung alles Liederlichen, vom gedämpften Klängen anzüglicher Musik loszureißen, von den Schatten, die er hin- und her zu huschen gewahrte und sah zu seinen Füßen eine nackte Puppe halb zertreten im Staub.
Klick klick machten die Absätze der Rabenfrau, die sich umdrehte, als das gewohnte Getrippel an ihrer Seite verstummt war. Klick…. klick und dann Pause;
die Schatten in ihrem Gesicht verrieten nichts, und der Junge erschrak ob der ihm bevorstehenden Schimpftirade, da er doch etwas Furchtbares begangen, nein zerstört hatte. Er trat zur Seite, und es knirschte abermals unter seinen Füßen und absonderlich laut in seinen Ohren. Da sah er den Silberring der Rabenfrau, wie sie den Finger prüfend in das zerstörte Puppengesicht hinuntertauchte und dabei leise lachte.
“Das hast du gut gemacht, mein Junge”, sagte sie, “die ist mausetot.” Und wieder tunkte sie den Finger, bis er blutrot schimmerte wie die Fenster, auf die sie zeigte, und es tropfte in den Staub der liederlichen Straße.
“Die geht hier nicht mehr rein.”