Wenn es schön warm wird in Tirol, was früher nicht immer so war, erst seit dem Klimawandel, ("dort ist es 7 Monate Winter und 5 Monate kalt", pflegte man zu sagen)....
.... dann geht der Durchschnittsbürger erstmal schwimmen. Wie man vielleicht von meinen früheren Aufzeichnungen weiß, bin ich kein Freund von kaltem Gewässer, noch dazu, wenn es unergründlich tief und dunkel ist und leicht modrig riecht. Wer weiß, welch Getier sich da drinnen tummelt, und wenn man untergeht, sieht man nichts mehr von ihm. Schlecht, sehr schlecht. Modrig war vor allem der Möserer-See, und dorthin musste ich einmal oder zweimal mit, ob ich wollte oder nicht. Man merkte mir meinen Missmut redlich an, musste ich mir doch sagen lassen, wieso ich mich nicht so wie die anderen verhalten würde, so wie es sich gehört mit einem Freund, mit allem Drum und Dran und Schmusen usw.
Also gatschte ich im reichlich vorhandenen feuchten Moor herum und beteiligte mich ebenso widerwillig an einer lustigen Schlamm-Schlacht (so wie Guy of Gisburne/Robert Addie) einst in demselben saß), es war kalt und dreckig, und ich wünschte mir, ich wäre nie mitgegangen, aber....ich war eben mitgehangen.
Es war übrigens mein erster Freund, und um des Friedens Willen verliere ich hier kein böses Wort über diese Beziehung. Ich weigerte mich nur, mit Bleiwesten umgehängt auf die Rumer Spitze zu rennen, wenn ich schon anderweitig körperlich geplagt wurde. Ich war damals noch recht dünn und fror leicht und musste mich nach jedem Badegang, bei dem ich mir die Beine bis zum Knie benässte, unbedingt die Klamotten wechseln, was ja auch nicht so einfach ist, wenn man keine tragbare Kabine hat (so ein Stoffumhang bis zum Boden).
Dafür schwamm ich ein einziges Mal im Achensee bei etwa 13 Grad Wassertemperatur, das war so eine Art Mutprobe unter Verrückten. Mit einem anderen Freund allerdings. Und das Wasser schien mir nicht sehr bedrohlich, sondern war glasklar.
Ich habe mir damals beim Möserer See, dem modrigen Gewässer, keine Blasenentzündung oder irgendwelche kuriosen Würmer eingefangen, sondern nur zwei Zecken am Allerwertesten, weil ich im Gras gesessen bin, und das ohne Decke.
"Warum kann es mit uns nicht so wie mit X und Y sein?", fragte mich mein damaliger Freund auf der Rückfahrt. Nun, ich musste ja einen Partner haben, wie alle anderen in meinem Alter auch, damals wollte ich mich noch nicht schräg anschauen lassen. "Keine Ahnung, vielleicht stimmt mit unserer Beziehung etwas nicht", antwortete ich, "oder wir passen nicht zusammen." "Das glaub ich auch," meinte er nachdenklich und schon etwas gekränkt. "Warum beenden wir das Ganze dann nicht einfach?" wollte ich wissen und hatte es förmlich drauf angelegt, ihn zu provozieren. "Vielleicht wird's ja noch was.."
"Das glaub ich nicht, aber die Hoffnung stirbt zuletzt." Tief im Inneren hatte ich damals bereits mit dem leidlichen Kapitel sportlicher Freund abgeschlossen, immer war ich ihm zu langsam, zu faul, hatte zu wenig Muskeln oder musste früh in die Heia (zum Taekwon-do Kurs hatte ich kurz reingeschnuppert, aber da man dort bloßfüßig unterwegs ist und ziemlich grob auch noch, und es stank in der Kabine, hatte ich es nach zwei Besuchen aufgegeben).
Den Rest der Fahrt saßen wir beleidigt nebeneinander und schwiegen uns aus. Der Tag war verloren, der Abend auch, weil es mich am Po juckte. Jenen Abend verbrachte ich damit, mich der beiden Quälgeister zu entledigen: dem sportlichen Freund und der Zecken. Irgendwie beides das gleiche.
..., warum mussten "meine" Männer damals auch immer ihre Sportlichkeit unter Beweis stellen?? Und braucht jemand ein Taekwondo-Outfit mit weißem Gürtel?
Titelbild: Film Das Parfum